Todesursache: Plötzlicher Reichtum
ZDF-Krimi "Letztes Kapitel" mit Nadja Auermann
Von Matthias Heine
Im Verhältnis zu seiner tatsächlichen Verbreitung ist wohl kein Fisch so bekannt wie der Fugu aus der Familie der Tetraodontidae. In den letzten Jahrzehnten ist der Fugu, der falsch zubereitet mit seinem Gift Tetrodotoxin Menschen umbringen kann, zum Popmythos geworden. "Fugu" ist auch der Spitzname eines Detektivs, der in Marcus O. Rosenmüllers Film "Letztes Kapitel", die vier Hauptpersonen in tödlicher Konstellation zusammenbringt. Und dessen Spezialität ausgefallene, oft gefährliche Kochrezepte sind.
Der Ermittler Fugu ist ein Phantasieprodukt von Martin (Simon Verhoeven), einem aufstrebenden jungen Schriftsteller, der mit Achim (Benjamin Sadler) und Volker (Nicki von Tempelhoff) in einer WG zusammenlebt. Als Martin bei einem Autounfall mit Fahrerflucht ums Leben kommt, veröffentlichen die Freunde seinen nachgelassen Roman - allerdings unter dem Namen von Volker, der fortan große Freude daran hat, für die Medien den arroganten Schriftsteller zu mimen.
Das Buch wird ein Riesenerfolg und weckt die Begehrlichkeiten nicht nur von Verlagsleuten, Filmfirmen und Journalisten. Geld und Ruhm locken auch Nora (Nadja Auermann) in die bis dahin kleine Welt der zwei überlebenden Freunde. Als sie bei ihnen einzieht, gerät der Mechanismus der Intrigen und Versteckspiele in Fahrt.
"Letztes Kapitel" ist der zweite Krimi, den Rosenmüller mit Fotomodell Nadja Auermann in der Hauptrolle drehte. Genau wie in "Dornröschens leiser Tod" ist die Berlinerin hier wieder eine geheimnisvolle Frau, die lange unterschätzt wird. Auch diesmal schlägt sie sich als Darstellerin ehrenhaft. Für "Letztes Kapitel" ist ihre kühle, nordisch harte Aura, die diesmal auch an einer brünetten Lockenperücke keinen Schaden nimmt, ohnehin wichtiger als ihre schauspielerische Leistung.
Das TV-Stück beruht auf dem Krimi "Ein bißchen Föhn und du bist tot", den die Erfolgsautorin Irene Rodrian 1975 veröffentlichte. Für die Gegenwart wurde die Handlung nach Berlin und ins mondäne Ostseebad Heiligendamm verlegt. Letztlich will der Film zuviel sein: Ein Satire auf den Buchbetrieb, eine Parodie auf die Moden der Kriminalliteratur und gleichzeitig eine raffiniert verschachtelte Rachegeschichte. Fast immer bleibt er auf dem Niveau seiner Klischeefiguren stecken.
An der raffinierten Schlußauseinandersetzung der drei Parasiten, die von Martins Manuskript schmarotzen, werden Freunde artifiziell eingefädelter Verbrechensplots allerdings ihre Freude haben.
Die Welt , 07.05.2006 -> Quelle